Corona-Krise: Nein, Deutschland lehnt nicht jegliche Hilfe aus China ab
In einem Artikel von RT Deutsch wird behauptet, Deutschland lehne jegliche Hilfe aus China zur Bekämpfung der Corona-Pandemie ab. Das ist falsch. Die Bundesministerien wollen Hilfsgüter aus China in Deutschland verteilen.
Update, 29. Mai 2020: RT Deutsch hat seinen Artikel inzwischen korrigiert. Die neue Überschrift lautet: „Wir schaffen das alleine? Bundesregierung geht bisher nicht auf Hilfsangebote aus China ein“. Im Text wird nun deutlich, dass Deutschland Hilfe aus China nicht abgelehnt hat, sondern lediglich bis zum 23. März (dem Erscheinungstag des Textes von RT Deutsch) nicht auf das offizielle Angebot der chinesischen Regierung eingegangen war. Das Auswärtige Amt hat dies auf Anfrage von CORRECTIV bestätigt. Demnach habe der chinesische Außenminister Wang Yi am 10. März in einem Schreiben Hilfe angeboten. Am 3. April habe das Auswärtige Amt darauf schriftlich geantwortet, und Außenminister Heiko Maas habe mit Wang Yi telefoniert. Wir haben zudem unseren Text ergänzt, um deutlicher zu machen, dass es bereits vor dem 23. März Berichte über Lieferungen aus China nach Deutschland gab.
RT Deutsch behauptet in einem Artikel vom 23. März, Deutschland lehne jegliche Hilfsangebote aus China zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie ab. Der Grund für die „Weigerung“ sei, dass man „das Gesicht wahren“ wolle.
RT Deutsch ist ein Ableger des russischen Auslandssenders RT. Der Text über die angeblich abgelehnte Hilfe aus China wurde bisher laut dem Analysetool Crowdtangle fast 5.500 Mal auf Facebook geteilt und erschien am gleichen Tag in ähnlicher Form auch auf dem Blog Zürcher Presse. Ebenso hat die Webseite German Foreign Policy die Behauptung verbreitet.
Die Behauptung ist jedoch falsch. Die zuständigen Bundesministerien haben der Darstellung widersprochen.
Behauptung: Im Gegensatz zu anderen Ländern habe Deutschland Hilfe aus China abgelehnt
China habe weltweit seine Unterstützung bei der Bekämpfung der aktuellen Pandemie angeboten – es sei um Schutzausrüstung und den Austausch von Informationen und Erfahrungen gegangen, wird in dem Artikel von RT Deutsch behauptet. Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern sei Deutschland auf dieses Angebot nicht eingegangen, schreibt RT Deutsch. Belege oder Quellen für diese Behauptung werden nicht genannt.
Das Auswärtige Amt schreibt dazu am 9. April auf Anfrage von CORRECTIV: „Das Auswärtige Amt hat keine Unterstützungsangebote aus China abgelehnt.“ Der chinesische Präsident Xi [Anm d. Red.: Jinping] habe zudem am 3. April eine Lieferung von 21 Tonnen Schutzausrüstung an Deutschland angekündigt, schreibt uns ein Sprecher des Auswärtigen Amts.
Das Gesundheitsministerium verteilt Hilfsgüter aus China in Deutschland
Das Bundesgesundheitsministerium bestätigt auf Anfrage von CORRECTIV, dass es aus China verschiedene Hilfs- und Spendenangebote gegeben habe – sowohl von chinesischen Firmen, die zum Beispiel Teststreifen, Schutzanzüge oder Atemmasken herstellen, als auch in Schreiben des chinesischen Staatspräsidenten sowie des Außenministers.
Die Bundesregierung prüfe zur Beschaffung von Schutzausrüstung „weltweite Optionen“, schreibt eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums per E-Mail: „Dazu gehören auch Angebote aus der Volksrepublik China, die einer der zentralen Anbietern ist.“ Man sei momentan dabei, die Spender mit deutschen Einrichtungen, die die Materialien benötigen, zu vernetzen, beziehungsweise die gespendeten Hilfsgüter aus China zu bündeln und in Deutschland zu verteilen, schreibt die Sprecherin weiter.
Merkel hat laut Medienberichten direkt mit Xi Jinping wegen Schutzausrüstung verhandelt
Medienberichten von Anfang April zufolge hat Bundeskanzlerin Angela Merkel zudem in direkten Gesprächen mit dem chinesischen Staatspräsident Xi Jinping ausgehandelt, dass Deutschland Schutzausrüstung aus China erhält. Dafür soll demnach eine „Luftbrücke“ zwischen den Ländern eingerichtet werden. Die Süddeutsche Zeitung zitierte am 15. April den baden-württembergischen Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne), wonach in einem Zwischenlager in Stuttgart „nahezu täglich“ Masken, Brillen und Schutzanzüge aus China ankämen.
Auch vor dem 23. März gab es bereits Medienberichte über Lieferungen aus China nach Deutschland. RND schrieb am 19. März, eine Schiffsladung mit Corona-Tests sei auf dem Weg, unter anderem nach Deutschland. Und die chinesische Alibaba Foundation schickte ihrer Pressemitteilung vom 18. März zufolge medizinische Ausrüstung an Deutschland und andere Länder